Handwerk hat goldenen Boden

Berufe mit Zukunft: Die Ausbildung im Handwerk

Wenn es auf den Schulabschluss zugeht, stellt sich immer wieder die Frage: Wie nun aber weiter? Bei der Berufswahl handelt es sich um eine Entscheidung, die mindestens für die nächsten 10 Jahre die Weichen stellt. Oft bleibt man auch ein Leben lang in seinem ersten Beruf, deshalb geht es bei der Lehrstelle um eine richtungsweisende Wahl für die Zukunft.

Aber nicht nur die klassische Ausbildung bei einem Lehrherrn steht zur Debatte. Oft haben die Bewerber höhere Ansprüche und wollen nach dem Abschluss ihrer Ausbildung noch studieren. Dann ist die Lehre mit Matura eine zusätzliche Option, die außerdem die Berufschancen erhöht.

Branchenübergreifend mehr Bewerber als Stellen

Nach den Angaben von Statista, dem Amt für Statistiken in Österreich, gab es hier in 2020 etwa 108 000 Lehrlinge, die in einem der 28 700 Lehrbetriebe untergekommen waren. Wegen Corona sanken die Zahlen aber im Vergleich zum Vorjahr. Immerhin 8 160 Lehrstellensuchende blieben unversorgt, die Zahl der offenen Angebote betrug hingegen 6 020. Im Vergleich zum Vorjahr war die Lehrstellenlücke damit weiter angewachsen.

Aktuell ergeben sich für das Jahr 2021 jedoch beste Chancen auf einen Ausbildungsplatz im Handwerk. Der Mangel an ausgebildeten Fachkräften erhöht den Bedarf der Betriebe. In den handwerklichen Berufen gibt es über 130 Ausbildungsgänge, und das Angebot an Stellen ist hier bereits seit 2015 größer als die Zahl der Anwärter.

Die Qual der Wahl – Welche Lehre soll es sein?

Also fällt es dem Einzelnen oft schwer, die richtige Wahl zu treffen. Wichtig ist, den eigenen Interessen und Neigungen zu folgen. Wer gerne mit Technik beschäftigt ist oder Maurer werden will, wird im Bäckerhandwerk nicht unbedingt zufrieden sein. Auch der zukünftige Verdienst sollte Beachtung finden, denn es macht wenig Sinn, dauerhaft seine Ansprüche herunterzuschrauben. Ebenfalls vorteilhaft ist es, wenn sich der Ausbildungsplatz in der Nähe befindet. So muss der künftige Lehrling nicht zusätzlich die Probleme eines Ortswechsels bewältigen.

Zwar ist auch für 2021 eine Lehrstellenlücke zu erwarten. Das stimmt aber nur generell für den gesamten Lehrstellenmarkt, in einzelnen Berufen sieht es oft völlig anders aus. Am besten sieht sich der Berufsneuling nach einer Branche um, in der zur Zeit ein Fachkräftemangel vorherrscht. Da wird der Bewerber heuer bald fündig, denn viele Betriebe suchen händeringend nach Lehrlingen.

Entsprechend groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Betrieb nach Abschluss der Ausbildung den Mitarbeiter übernimmt. Also müssen sich die Eltern über die berufliche Zukunft ihres Sprösslings nicht sorgen. Mehr noch, der Geselle kann sich abschließend weiter qualifizieren und den Meistertitel erwerben. Im Anschluss an die Lehre mit Matura kann außerdem noch ein Studium in dem erlernten Beruf folgen. Die Chancen sind also vielfältig, und in den Lehrjahren erkennt man dann noch sehr viel besser, welche Möglichkeiten sich in einem Beruf zusätzlich ergeben. In Gesprächen mit dem Lehrherrn und den Kollegen erfährt der Azubi von weiteren Optionen.

Die aktuelle Lehrstellensituation im Handwerk

Die Handwerksbetriebe sind besonders an Lehrlingen interessiert, und immerhin bieten sie etwa 50 Prozent der Ausbildungsstellen in Österreich an. Jeder junge Mensch, der an einem Beruf Interesse und Leistungsbereitschaft zeigt, hat gute Chancen auf einen Lehrvertrag. Sollten während der Ausbildung Probleme auftreten, ist der Betrieb immer gern behilflich und an Lösungen interessiert. Viele Azubis sind auch besonders ehrgeizig, und sie können schon während der Lehrzeit mit Weiterbildungen beginnen. So verdienen sie auch mehr, wenn sie in ihrem Beruf anfangen. Außerdem ist ein ausgebildeter Handwerker bei der Stellenauswahl nicht auf Österreich beschränkt, im europäischen Ausland bieten sich weitere Gelegenheiten und sogar weltweit. Einige Betriebe im Handwerk bieten deshalb schon während der Ausbildung Aufenthalte im Ausland an.

Die Lehre mit Matura

Schon vor beinah zwei Jahrzehnten wurde in Tirol und Kärnten die Lehre mit Matura entwickelt. Andere Bezeichnungen sind Lehre PLUS Matura oder mit Reifeprüfung sowie Berufsmatura. Die Vereinheitlichung für ganz Österreich erfolgte ab 2009 durch das Bundesministerium für Bildung. Seither kann der Azubi seine Lehre mit Matura im ganzen Land im Rahmen einer dualen Ausbildung absolvieren.

Bei diesem Modell besucht der Lehrling neben seiner praktischen Ausbildung Kurse für die Reifeprüfung und die Fachberufsschule. Nach vier Jahren erhält er ein vollwertiges Maturazeugnis, mit dem er an einer Fachhochschule oder Universität studieren kann, etwa Ingenieurwesen. Zusätzlich steht der Weg offen für eine Weiterbildung zum Handwerksmeister.

Wie den Meistertitel eintragen?

Grundsätzlich kann jeder, der eine Ausbildung abgeschlossen und einige Jahre Berufserfahrung hat, seinen Meister machen. Die Lehre mit Matura ist eine gute Basis für diese Qualifikation, aber nicht zwingend notwendig. Mit der Gewerbeordnung von 2020 wurde der Meistertitel deutlich aufgewertet. Seitdem kann man den Titel vor den Namen setzen, wie es von Akademikern bekannt ist. Statt dem Dr. eines Doktors lautet die Bezeichnung beim Meister Mst. oder Mstin bei weiblichen Technikern. Der Inhaber dieser Qualifikation kann auch einen entsprechenden Eintrag in amtlichen Dokumenten verlangen, etwa im Reisepass oder im Führerschein.

Fazit

Das Sprichwort: „Handwerk hat goldenen Boden“ war noch nie so stimmig wie heute, angesichts des akuten Fachkräftemangels. Bedenkt man außerdem die hohe Arbeitslosigkeit bei Akademikern, die enorme Zahl der Studienabbrecher, dann ist eine Ausbildung im Handwerk eine Wahl, die berufliche Sicherheit verspricht. Wer seinen Nachwuchs also von einer Ausbildung in einem Handwerksbetrieb überzeugen kann, hat für dessen Zukunft mit Sicherheit eine gute Entscheidung auf den Weg gebracht.